Katalysator sein und Menschen stärken
Am 22. Novemder 2019 wurde Frau Dr. Eder in Frankfurt der Preis des Cusanuswerkes für besonderes gesellschaftliches Engagement verliehen. Anlässlich der Preisverleihung hielt sie eine kurze Rede, die Einblicke gibt in die Zeit, bevor es die Projekte in Kamerun gab und wie kaum ein anderer Text, den sie verfasst hat, ihre Haltung einfängt. Wir geben ihren Text der Rede hier wieder:
Ich bedanke mich sehr herzlich bei der Jury für die Wahl zum Cusanuspreis. Es ist Anerkennung für jahrzehntelangen Einsatz und Ermutigung zugleich.
Vielen Dank Ihnen allen, dass Sie hier sind und diese Freude mit mir teilen. Geteilte Freude ist doppelte Freude: Ich kann hier nicht allein stehen.
Ich bitte Frau Tiappi Nkameni und Frau Ostermeyer zu mir nach vorne.
Das Mädchenprojekt HUPJEFI in Kamerun ist in einer Kameruner Frauengruppe der Fokolarbewegung entstanden, zu der ich gehöre. Leider kann heute die Initiatorin Patience Molle Lobe nicht hier sein. Sie wird vertreten von Marguerite Tiappi Nkameni, die zur Gründergruppe gehört und extra angereist ist.
Außerdem steht neben mir Frau Ostermeyer, ehemalige Rektorin der Matthias-Erzberger-Schule in Biberach, einer Berufsfachschule mit über 1000 Schülern, die die Projekte seit 20 Jahren unterstützt. Sie steht hier stell-vertretend für den breiten Kreis an Freunden in ganz Süddeutschland, der mich unterstützt. Inzwischen ist sie Vorsitzende des Stiftungsrates der kleinen Stiftung, die ich vor 10 Jahren mit Frau Patience Molle Lobe gegründet habe, um das Projekt zukunfts-fest und nachhaltig zu machen.
Ohne diese beiden Freundesgruppen gäbe es HUPJEFI nicht.
Für mich schließt sich hier und heute ein Kreis in meinem Leben. Ich gehörte als Cusanerin selbst zu der Dreiergruppe aus dem die Initiative Teilen hervorging. Ich erinnere mich noch gut, wie wir im Donaugarten meiner Eltern saßen und beschlossen, die Initiative Teilen zu gründen. Wir wollten einen Teil unseres Stipendiums mit Menschen teilen, die in ihren Ländern diese Bildungschance nicht hatten. Und wir wollten andere für diese Idee begeistern.
Erst
als ich dann vor ein paar Jahren die Jubiläumsschrift zum 30jährigen
Bestehen in der Hand hatte, dachte ich: „Das kommt mir bekannt
vor!“
Ich freue mich sehr, dass sich inzwischen viele Cusaner
dafür einsetzen und hunderte Projekte gefördert werden. Nun
unterstützt die Initiative Teilen auch unsere Projekte für
benachteiligte Mädchen in Kamerun.
An dieser Stelle möchte ich mich vor allem beim Vorstand der Initiative Teilen bedanken, die mich für diesen Preis vorgeschlagen haben.
Wie das Cusanus-Werk mich im Studium unterstützt hat und zusammen mit der Fokolarbewegung mein Christsein prägten, so setze ich mich seit Jahrzehnten dafür ein, dass Mädchen in Kamerun Bildungschancen und eine Zukunftsperspektive haben – raus aus dem Slum-Milieu.
Als ich die Frauengruppe um Patience Molle Lobe kennen lernte, war das eine große Chance meines Lebens: Seit 30 Jahren bin als einzige Weiße dort integriert, kann Freud und Leid mit ihnen teilen. So erlebte ich hautnah mit, wie die Mütter um Bildungschancen für ihre Kinder ringen und – wir legten zusammen „..damit keiner unter uns Not litt“. Aus dieser gegenseitigen Hilfe entstand das Bewusstsein für die Not anderer, über die Familienbande hinaus. Das öffnete Patience Molle Lobe die Augen für das Problem der wachsenden Zahl an Kindern, die auf den Strich gehen, um zu überleben.
Und sie teilte es mit uns. Ich selbst sehe mich als Katalysator. Meine Aufgabe seit über 30 Jahren vor Ort ist es, nicht selbst Projekte zu initiieren, sondern Kameruner den Rücken zu stärken, um ihre guten Ideen für andere konkret umzusetzen – und dies oft mit Eurer Unterstützung aus Deutschland.
Auf diese Weise konnte HUPJEFI in der Millionenstadt Douala drei Sozialzentren aufbauen und in den letzten 20 Jahren über 650 Mädchen Selbstvertrauen stiften und sie fördern bis zu einem eigenständiges Leben.
Während die Mädchen sich praktische Fertigkeiten für den Alltag aneignen und den Weg zu einer Berufsausbildung vorbereiten, lernen sie – das ist das wichtigste – sich selber kennen. Sie werden liebevoll vom Personal begleitet, entdecken die eigenen Talente und entwickeln Selbstwert. Es ist erstaunlich, wie sehr sie sich in kurzer Zeit entwickeln und aufblühen!
Diese jungen Frauen aus den HUPJEFI-Zentren strahlen in ihr Umfeld und geben ihrerseits Resignierten am Rand der Gesellschaft Hoffnung, dass es auch für sie eine Chance gibt. Dies ist möglich, weil es Menschen gibt wie wir und Ihr, die sich für andere einsetzen.
Was mich trägt, ist die Spiritualität meiner „Fokolar-Familie“: Im Alltag einen Beitrag zur universalen Geschwisterlichkeit zu geben. Der Weg dorthin? … das Evangelium so zu leben, dass die gegenseitige Liebe alle mit einschließt und so in der Gesellschaft Früchte trägt.
Wir alle sind Teil der einen Menschheitsfamilie! Danke! Gemeinsam wollen wir uns auch weiterhin engagieren, damit Menschen ihre Würde behalten und wir mit-bauen an einer geeinten Welt.
Danke! Merci beaucoup! Thank you so much! Grazie mille! Nkong Te abong! Singila mingi!